Wann bekommt man ein Fahrverbot erteilt? Ein Fahrverbot wird in Deutschland entweder im Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren (§ 25 StVG) oder als Nebenstrafe im Strafverfahren (§ 44 StGB) verhängt. Die beiden Varianten weisen gravierende Unterschiede auf.
Die beiden Varianten werden im Folgenden genauer erläutert:
Fahrverbot im Bußgeldverfahren
Ein Fahrverbot kann im Verkehrs-Ordnungswidrigkeitsverfahren für maximal 3 Monate angeordnet werden. Nicht selten bestehen Möglichkeiten das Fahrverbot zu vermeiden. Der Betroffene muss nachweisen, in besonderem Maße auf uneingeschränkte Mobilität angewiesen zu sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn er für seine Arbeitstätigkeit auf ein Kraftfahrzeug angewiesen ist (Taxifahrer, Außendienstler, Vertriebler, Monteure etc.). Einzelne Bußgeldstellen und Gerichte lassen auch persönliche Härtegründe ausreichen. Etwa wenn der Betroffene nahe Angehörige pflegt und er hierfür besonders auf die Nutzung eines Kfz angewiesen ist.
Ein Absehen vom Fahrverbot ist dann regelmäßig mit einer Erhöhung der Geldbuße verbunden. Außerdem sollte der Betroffene keine Voreinträge im Fahreignungsregister haben.
Lässt sich das Fahrverbot nicht abwenden, bleiben taktische Möglichkeiten, die Wirksamkeit hinauszuzögern. Ein Fahrverbot wird grundsätzlich mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Diesen Zeitpunkt kann man beeinflussen.
Darüber hinaus sieht § 25 Abs. 2a StVG mit der Vier-Monats-Frist eine wichtige Ausnahme vor. Wenn der Betroffene in den letzten zwei Jahren noch kein Fahrverbot hatte, wird das Aktuelle erst wirksam, wenn der Führerschein (nach Rechtskraft) in amtliche Verwahrung gebracht wird, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Sind gegen den Betroffenen mehrere Fahrverbote verhängt, werden diese künftig nacheinander berechnet. Eine Parallelvollstreckung gibt es nicht mehr.
Fahrverbot im Strafverfahren
Das Fahrverbot wird in strafrechtlichen Verfahren als Nebenstrafe angeordnet. Hier liegt die Maximaldauer bei sechs Monaten. Ebenfalls neu seit dem 24.08.2017 ist die Möglichkeit, ein Fahrverbot auch bei Nichtverkehrsdelikten anzuordnen.
Es wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Mehrere Fahrverbote können auch im Strafrecht nur nacheinander und nicht parallel vollstreckt werden.
Worin besteht der Unterschied zwischen Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis
Im Gegensatz zur Entziehung der Fahrerlaubnis ist das Fahrverbot die mildere Sanktion. Der Betroffene erhält nämlich nach Ablauf des Fahrverbots seinen Führerschein zurück und kann dann gleich wieder fahren. Der Anwendungsbereich des Fahrverbots ist aber tatsächlich weiter als bei der Entziehung der Fahrerlaubnis. Denn das Fahrverbot bezieht sich auf Kraftfahrzeuge jeder Art, also auch auf solche, die führerscheinfrei sind (Stichwort: Mofa).
Fahrverbot wegen Geschwindigkeitsüberschreitung: Ab wie viel km/h zu viel bekommt man ein Fahrverbot?
Besonders häufig trifft Autofahrer ein Fahrverbot, wenn sie zu schnell unterwegs waren. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 25 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Das Gesetz spricht von grober oder beharrlicher Pflichtverletzung des Kraftfahrzeugführers. Der Bußgeldkatalog unterscheidet zwischen Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften und Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften. In den folgenden Tabellen können Sie erfahren, wie teuer eine Geschwindigkeitsüberschreitung ist und wie lange das Fahrverbot beträgt.
Fahrverbot durch Geschwindigkeitsüberschreitung: Innerorts
Wenn Sie die zulässige Geschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften überschreiten, gelten, je nach km/h über der Geschwindigkeitsbegrenzung, folgende Strafen:
bis zu 10 km/h | 30,00 EUR | n/a | n/a |
11 – 15 km/h | 50,00 EUR | n/a | n/a |
16 – 20 km/h | 70,00 EUR | n/a | n/a |
21 – 25 km/h | 115,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
26 – 30 km/h | 180,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
31 – 40 km/h | 260,00 EUR | 1 Monat | 2 Punkte |
41 – 50 km/h | 400,00 EUR | 1 Monat | 2 Punkte |
51 – 60 km/h | 570,00 EUR | 2 Monate | 2 Punkte |
61 – 70 km/h | 700,00 EUR | 3 Monate | 2 Punkte |
70 km/h oder mehr | 800,00 EUR | 3 Monate | 2 Punkte |
ACHTUNG: Der aktuelle Bußgeldkatalog gilt ausschließlich für Verstöße ab dem 09.11.2021. Sollten Sie noch einen Bußgeldbescheid mit einem Tattag bis zum 08.11.2021 erhalten, gelten Besonderheiten. Die Regelungen des Bußgeldkatalogs mit Gültigkeit zwischen dem 28.04.220 und dem 08.11.2021 sind wegen eines Verstoßes gegen das sog. Zitiergebot zumindest in Teilen unrechtmäßig und damit unanwendbar. Einzelheiten finden Sie hier. Der überwiegende Teil der Bußgeldstellen wendet deshalb für Verstöße bis zum 08.11.2021 die Regelungen des bis zum 27.04.2020 gültigen Bußgeldkatalog an.
Fahrverbot durch Geschwindigkeitsüberschreitung: Außerorts
Wenn Sie die zulässige Geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften überschreiten, gelten dagegen andere Strafen. Ab wann außerorts ein Fahrverbot verhängt werden kann, erfahren Sie in der folgenden Tabelle:
bis zu 10 km/h | 20,00 EUR | n/a | n/a |
11 – 15 km/h | 40,00 EUR | n/a | n/a |
16 – 20 km/h | 60,00 EUR | n/a | n/a |
21 – 25 km/h | 100,00 EUR | n/a | n/a |
26 – 30 km/h | 150,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
31 – 40 km/h | 200,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
41 – 50 km/h | 320,00 EUR | 1 Monat | 2 Punkte |
51 – 60 km/h | 480,00 EUR | 1 Monat | 2 Punkte |
61 – 70 km/h | 600,00 EUR | 2 Monate | 2 Punkte |
70 km/h oder mehr | 700,00 EUR | 3 Monate | 2 Punkte |
ACHTUNG: Der aktuelle Bußgeldkatalog gilt ausschließlich für Verstöße ab dem 09.11.2021. Sollten Sie noch einen Bußgeldbescheid mit einem Tattag bis zum 08.11.2021 erhalten, gelten Besonderheiten. Die Regelungen des Bußgeldkatalogs mit Gültigkeit zwischen dem 28.04.220 und dem 08.11.2021 sind wegen eines Verstoßes gegen das sog. Zitiergebot zumindest in Teilen unrechtmäßig und damit unanwendbar. Einzelheiten finden Sie hier. Der überwiegende Teil der Bußgeldstellen wendet deshalb für Verstöße bis zum 08.11.2021 die Regelungen des bis zum 27.04.2020 gültigen Bußgeldkatalog an.
Hinweis: Die genannten Geldbußen sind Regelgeldbußen. Sie können im Rahmen des § 17 Ordnungswidrigkeitsgesetz OWiG abgeändert werden. Wer zum Beispiel Voreinträge im Fahreignungsregister in Flensburg hat, muss mit einer Erhöhung der Regelgeldbuße rechnen.
Fahrverbot wegen Abstandsunterschreitung
Wer zu dicht auffährt, riskiert nicht nur eine empfindliche Geldbuße, sondern auch ein Fahrverbot. Zu dichtes Auffahren ist häufige Unfallursache insbesondere auf Autobahnen. Deshalb nehmen die Brücken-Abstandsmessungen stetig zu.
Abstandunterschreitung bei 80 -100 km/h
Sie hielten bei einer Geschwindigkeit von 80 – 100 km/h den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein und Ihr Abstand betrug weniger als. In diesem Fall gilt Folgendes:
5/10 des halben Tachowertes | 75,00 EUR | 1 Punkt |
4/10 des halben Tachowertes | 100,00 EUR | 1 Punkt |
3/10 des halben Tachowertes | 160,00 EUR | 1 Punkt |
2/10 des halben Tachowertes | 240,00 EUR | 1 Punkt |
1/10 des halben Tachowertes | 320,00 EUR | 1 Punkt |
Abstandunterschreitung bei 101-130 km/h
Sie hielten bei einer Geschwindigkeit von 101 – 130 km/h den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein und Ihr Abstand betrug weniger als. In diesem Fall gilt Folgendes:
5/10 des halben Tachowertes | 75,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
4/10 des halben Tachowertes | 100,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
3/10 des halben Tachowertes | 160,00 EUR | 1 Monat | 2 Punkte |
2/10 des halben Tachowertes | 240,00 EUR | 2 Monate | 2 Punkte |
1/10 des halben Tachowertes | 320,00 EUR | 3 Monate | 2 Punkte |
Abstandunterschreitung bei über 130 km/h
Sie hielten bei einer Geschwindigkeit von über 130 km/h den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein und Ihr Abstand betrug weniger als. In diesem Fall gelten höhere Strafen, siehe:
5/10 des halben Tachowertes | 100,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
4/10 des halben Tachowertes | 180,00 EUR | n/a | 1 Punkt |
3/10 des halben Tachowertes | 240,00 EUR | 1 Monat | 2 Punkte |
2/10 des halben Tachowertes | 320,00 EUR | 2 Monate | 2 Punkte |
1/10 des halben Tachowertes | 400,00 EUR | 2 Monate | 2 Punkte |
Absehen vom Fahrverbot: Ist es möglich ein Fahrverbot zu umgehen?
Sie möchten das Fahrverbot umgehen? In Fällen beruflicher oder privater Härte kann ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden. In diesen Fällen soll das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte stellt sehr hohe – manchmal unerfüllbare – Anforderung für ein Absehen vom Fahrverbot auf. Viele Bußgeldstellen und auch viele Amtsgerichte sind allerdings in der Praxis deutlich gesprächsbereiter. In vielen Fällen kann gegen Erhöhung der Geldbuße ein Fahrverbot vermieden werden (dazu mehr siehe weiter unten).
Kann man ein Fahrverbot in eine Geldstrafe umwandeln?
Grundsätzlich ist es möglich ein Fahrverbot in ein (höheres) Bußgeld umzuwandeln, jedoch wird das nur in Ausnahmefällen genehmigt. Es muss glaubwürdig vermittelt werden, dass ein Härtefall vorliegt. Das kann u. a. der Fall sein, wenn die betroffene Person durch das Fahrverbot ihren Beruf nicht mehr ausüben kann oder z. B. bei Ersttätern, die zuvor noch nicht negativ aufgefallen sind bzw. keine Punkte in Flensburg haben. Übersieht ein Ersttäter z. B. ein Verkehrsschild, kann dies als „Augenblicksversagen“ interpretiert werden und ein Fahrverbot abgewendet werden. Um sich aus einem Fahrverbot „freizukaufen“ ist es entscheidend, dass man fristgerecht Widerspruch einlegt und den Härtefall glaubwürdig darstellen kann.
Kann ein Fahrverbot aufgeteilt werden?
Ein Fahrverbot in mehrere Zeiträume aufzusplitten scheint für viele betroffene Fahrer/innen eine interessante Lösung zu sein. Jedoch ist es NICHT möglich ein Fahrverbot zeitlich aufzuteilen – ein Fahrverbot muss immer am Stück abgeleistet werden.
Kann ein Fahrverbot auf eine andere Person übertragen werden?
Nein, es ist nicht möglich ein Fahrverbot auf eine andere Person zu übertragen. Es ist auch dringend davon abzuraten eine andere Person anzugeben, bspw. wenn das Fahrzeug geblitzt wurde, da man sich auf diese Art wegen falscher Verdächtigung strafbar machen kann. Dies kann zu hohen Geldstrafen bis hin zur Freiheitsstrafe führen.
Wann muss ein Fahrverbot angetreten werden?
Sofern man Ersttäter ist, hat man im Normalfall 4 Monate Zeit den Führerschein abzugeben, d. h. den Führerschein bei der Behörde abzugeben bzw. einzusenden. Hinsichtlich des Zeitraums hat man also eine gewisse Flexibilität. Das Fahrverbot beginnt zu dem Zeitpunkt, wenn der Führerschein bei der jeweiligen Behörde eingetroffen ist. Wird der Führerschein über den Postweg an die Behörde gesendet, gilt das Fahrverbot bereits zum Zeitpunkt des Absendens. Anders sieht es aus bei Wiederholungstätern: in diesen Fällen muss das Fahrverbot unmittelbar angetreten werden sobald der Bußgeldbescheid rechtskräftig wird, was normalerweise 2 Wochen nach Erhalt des Bußgeldbescheids der Fall ist. Doch auch als Wiederholungstäter ist es grundsätzlich möglich Einspruch zu erheben und dadurch den Beginn des Fahrverbots zu verschieben – vorausgesetzt es wird innerhalb der zwei Wochen nach Erhalt des Bescheids Einspruch erhoben.
Wo muss bei einem Fahrverbot der Führerschein abgegeben werden?
Der Führerschein kann entweder persönlich bei der Bußgeldstelle abgegeben werden oder per Post – bei letzterem ist es empfehlenswert dies als Einschreiben zu versenden, um Missverständnissen vorzubeugen.
Fahrverbot & Beruf
Muss der Arbeitgeber über ein Fahrverbot informiert werden?
Nein, solange der Führerschein für die Ausübung der Tätigkeit nicht notwendig ist, muss der Arbeitgeber grundsätzlich nicht über ein Fahrverbot informiert werden.
Kann ein Fahrverbot als Kündigungsgrund verwendet werden?
Grundsätzlich kann ein Fahrverbot als Kündigungsgrund verwendet werden, wenn der betroffene Arbeitnehmer aufgrund des Fahrverbots seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann. In der Praxis ist das für den Arbeitgeber jedoch weniger einfach als gedacht: Bei einer ordentlichen Kündigung sind die Kündigungsfristen in der Regel länger als das Fahrverbot – es würde sich für den Arbeitgeber nicht lohnen. Bei einer außerordentlichen Kündigung müsste der Arbeitgeber wiederum begründen, dass es nicht möglich ist den Arbeitnehmer/in anderweitig zu beschäftigen. Droht dennoch eine Kündigung vonseiten des Arbeitgebers, ist es ratsam einen Anwalt einzuschalten, um dies abzuwenden.
Wenn Sie Fahrverbot umgehen möchten, empfiehlt es sich ein Anwalt einzuschalten: RA Junker, Fachanwalt für Verkehrsrecht, berät und vertritt Sie in allen Fahrverbots-Fällen. Benutzen Sie das folgende Kontaktformular oder rufen Sie uns an 0221 / 272 349 38, wenn Sie Hilfe benötigen.