Definition: Was bedeutet Fahrerflucht?
Fahrerflucht (oder auch Unfallflucht) ist die umgangssprachliche Bezeichnung für das Unerlaubte Entfernen vom Unfallort § 142 Strafgesetzbuch – StGB. Die Vorschrift ist sicher eine der komplexesten im Verkehrs-Strafrecht. Wer nach einem Unfall im Straßenverkehr einfach weiterfährt, dem drohen erhebliche Konsequenzen. Wer nach einem Unfall in Panik oder aus Angst weggefahren ist oder wer den Unfall nicht bemerkt hat, sollte schnell anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Wann liegt eine Unfallflucht bzw. Fahrerflucht vor?
Ein Unfall mit Fahrerflucht liegt vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten anderer Beteiligter Feststellungen ermöglicht (oder) eine angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen
Die gesetzliche Regelung findet sich in § 142 Abs. 1 StGB. Es geht um Feststellungen zur Person, zum Fahrzeug und zur Art der Beteiligung. Die zweite Variante (Wartezeit) betrifft die Fälle, in denen kein anderer Beteiligter oder Dritter vor Ort ist (Beispiel: Unfall auf einsamer Landstraße oder zur Nachtzeit). Hier ist die angemessene Wartezeit nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen. Auch wenn kein feststellungsbereiter Dritter vor Ort ist, sind die Feststellungen in jedem Fall nachträglich zu ermöglichen. Die gesetzliche Regelung hierzu findet sich in § 142 Abs. 3 StGB.
Strafmaß bei Unfallflucht: Wie hoch ist die Strafe bei einer Fahrerflucht?
Die Unfallflucht wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Beim Ersttäter kommt allein eine Geldstrafe in Betracht. Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. In der gerichtlichen Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben. Dabei werden mindestens 5 und höchstens 360 Tagessätze verhängt. Der Ersttäter einer Unfallflucht sollte mit durchschnittlich 30 Tagessätzen rechnen. Die Tagessatzhöhe wird durch das Gericht bestimmt. Dabei werden die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters berücksichtigt. Liegen keine konkreten Informationen vor, kann die individuelle Tagessatzhöhe geschätzt werden. Die gesetzliche Regelung hierzu findet sich in § 40 StGB.
Führerscheinentzug bei Fahrerflucht: Kann man bei einer Unfallflucht den Führerschein verlieren?
Ja. Bei einer Verurteilung wegen Unfallflucht kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Der Führerschein wird im Urteil eingezogen. Voraussetzung ist die Feststellung des Gerichts, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Ungeeignet ist man regelmäßig dann, wenn bei der Unfallflucht eine Person nicht unerheblich verletzt wurde (oder) bedeutender Fremdschaden entstanden ist.
Ab wann liegt ein Fremdschaden vor?
Ein bedeutender Fremdschaden wird überwiegend ab 1.300,00 € angenommen. Die gesetzlichen Regelungen hierzu finden sich u.a. in § 69, 69a und 69b StGB. Das Landgericht Nürnberg-Fürth ist als Erstes neue Wege gegangen und hält den oben genannten Wert für nicht mehr zeitgemäß. Nach Auffassung des Gerichts soll der bedeutende Fremdschaden erst ab einem Betrag von 2.500,00 € zu bejahen sein.
Unfallflucht in der Probezeit:
Eine Unfallflucht in der Probezeit stellt einen sogenannten A-Verstoß dar und bringt grundsätzlich härtere Konsequenten für die Probezeit mit sich. Bei einer rechtskräftig festgestellten Unfallflucht verlängert sich die Probezeit um zwei weitere Jahre, also auf insgesamt vier Jahre. Dazu ordnet die Führerscheinstelle als zuständige Behörde ein Aufbauseminar an.
Fahrerflucht bei Bagatellschaden (bspw. Parkschaden)
Bei der Unfallflucht spielen zwei Wertgrenzen eine Rolle: Ein völlig belangloser Schaden unterhalb von 25,00 € kann keine Verurteilung wegen § 142 StGB auslösen. Doch bereits bei kleineren Blechschäden wird diese Grenze in der Regel schnell überschritten. Darüber hinaus spielt die Schadenhöhe eine Rolle bei der Frage des Führerscheinentzugs (siehe vorangehende Frage). Bei einem bedeutenden Fremdschaden kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Die Wertgrenze liegt bei etwa 1.300,00 €.
Fahrerflucht nicht bemerkt: Was passiert, wenn der Unfall nicht bemerkt wurde?
Eine Verurteilung wegen Unfallflucht setzt voraus, dass der Unfallbeteiligte den Unfall bzw. einen Schaden überhaupt bemerkt hat. Wer schon den Unfall bzw. den Schadeneintritt nicht wahrnimmt, kann sich nicht unerlaubt vom Unfallort entfernen. Genau hier liegt der Hund begraben. Um zu einer Verurteilung zu gelangen, muss feststehen, dass der Unfallbeteiligte etwas bemerkt hat. Dies lässt sich oftmals aber gar nicht oder jedenfalls nicht mit der für eine Verurteilung nötigen Sicherheit feststellen. Wenn es sich nicht gerade um einen Bagatellschaden gehandelt hat, wird häufig ein Sachverständiger herangezogen. Der Sachverständige überprüft dann, ob aus technischer Sicht eine Bemerkbarkeit vorgelegen hat. Dabei wird unterschieden zwischen
- akustischer Bemerkbarkeit
- visueller Bemerkbarkeit
- taktiler Bemerkbarkeit
Verjährung einer Unfallflucht: Kann eine Fahrerflucht verjähren?
Ja – wie alle Straftaten unterliegt auch die Unfallflucht nach § 142 im StGB den einschlägigen Verjährungsregeln. Die Verjährungsfristen sind in § 78 Strafgesetzbuch geregelt. Die Dauer der Verjährungsfrist ist grundsätzlich an das Strafmaß gekoppelt. Im Fall der Unfallflucht beträgt die Verjährungsfrist mindestens 5 Jahre. Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt (§ 78a StGB). Bei der Prüfung der Verjährung ist immer zu prüfen, ob die Verjährungsfrist nicht ruht oder unterbrochen wurde.
Bußgeldkatalog: Wie viele Punkte erhält man bei einer Fahrerflucht?
Die Unfallflucht stellt eine Straftat dar. Eine rechtskräftige Verurteilung wird im Flensburger Fahreignungsregister eingetragen. Die Unfallflucht wird dabei mit drei Punkten bewertet. Nähere Einzelheiten finden sich in der Anlage 13 zu § 40 der Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV.
Unfallflucht und Versicherung: Zahlt die Versicherung bei einer Fahrerflucht?
Das kommt darauf an. Hier sind zunächst die einzelnen Versicherungsarten zu unterscheiden.
1. Kfz-Haftpflichtversicherung bei Unfallflucht
Nach einem Verkehrsunfall treffen den Unfallbeteiligten die sogenannten Obliegenheiten nach den Allgemeinen Kraftfahrtbedingungen (AKB). Die Allgemeinen Kraftfahrtbedingungen sind Teil des Kfz-Versicherungsvertrages.
Der Versicherungsnehmer muss den Versicherungsfall binnen einer Woche bei der Versicherung anzeigen (Schadenanzeigepflicht). Danach entscheidet der Versicherer, wie er mit der Schadenmeldung umgeht. Einige Versicherungsunternehmen belassen es dabei und warten darauf, dass der Geschädigte Schadensansprüche anmeldet und bearbeiten erst dann den Schadensfall weiter. Andere Versicherungsunternehmen übermitteln sofort entsprechende Fragebögen an den eigenen Versicherungsnehmer mit der Aufforderung, den Schaden genauer zu schildern (Schadenaufklärungspflicht).
Verletzungen der Schadenmeldepflicht und der Schadenaufklärungspflicht können eine sogenannte Obliegenheitsverletzung darstellen, die zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann. Die Versicherung zahlt im Außenverhältnis, d.h. der Geschädigte bekommt seinen Schaden ersetzt. Im Innenverhältnis fordert der Versicherer von seinem Versicherungsnehmer bzw. dem Fahrer Geld zurück. Man spricht vom Regress. Die Höhe des Regresses ist auf eine bestimmte Summe beschränkt, die sich aus den Allgemeinen Kraftfahrtbedingungen ergeben muss. Diese betragen bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit im Regelfall 2.500,00 € bzw. 5.000,00 € in besonders schwerwiegenden Fällen.
Im Strafverfahren hat der Beschuldigte ein Schweigerecht. Im Versicherungsrecht treffen ihn die oben genannten Melde- und Aufklärungspflichten. Wie man sich korrekt verhält, bedarf einer Einzelfallbetrachtung. Sprechen Sie darüber am besten mit einem Anwalt.
2. Rechtsschutzversicherung
In den Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen der Rechtsschutzversicherer (ARB) gibt es den Vorsatzausschluss. Im Straf-Rechtsschutz gibt der Versicherer regelmäßig keine Deckungszusage, wenn es sich um ein Vorsatzdelikt handelt. Vorsatz bedeutet das Wissen und Wollen der Tat. Ein Täter muss den tatbestandlichen Erfolg zumindest billigend in Kauf nehmen. § 142 StGB (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) ist so ein Vorsatzdelikt. Im Verkehrs-Rechtsschutz wird allerdings für dieses Delikt regelmäßig Deckungszusage erteilt. Allerdings muss man mit der Rückforderung aller Kosten durch den Rechtsschutzversicherer rechnen, wenn man rechtskräftig verurteilt wird. Im Falle eines Freispruchs oder einer Verfahrenseinstellung verbleibt es bei der Kostenübernahme durch den Versicherer.
Yves Junker – Ihr Fachanwalt für Verkehrsrecht bei Fragen rund um das Thema Fahrer- und Unfallflucht
Sie haben beim Ausparken ein Auto angerempelt und sind einfach weggefahren? Sie fragen sich wie hoch die Strafe für Ihre Fahrerflucht ausfallen könnte? Sie befürchten ein Fahrverbot aufgrund einer Unfallflucht? In allen Fällen ist es ratsam einen Fachanwalt für Verkehrsrecht einzuschalten: RA Yves Junker blickt auf eine knapp 20-jährige Praxis im Verkehrsstrafrecht zurück und hat unzählige Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort geführt. Er berät und vertritt Sie gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft, Versicherung und vor Gericht.
10 Tipps vom Anwalt, wie Sie sich im Falle einer Unfallflucht verhalten sollten
- Kontaktieren Sie frühzeitig einen verkehrsrechtlich versierten Anwalt.
- Lassen Sie den Anwalt zunächst Akteneinsicht beantragen.
- Nutzen Sie Ihr Schweigerecht. Wenn die Polizei bereits ermittelt, sollte anfänglich immer vom Schweigerecht Gebrauch gemacht werden. Sagen Sie nicht vorschnell aus.
- Ist ein anderer mit Ihrem Kfz gefahren: Lassen Sie Zeugnisverweigerungsrechte prüfen.
- Führen Sie Ihr Kfz nicht ohne Rücksprache mit dem Anwalt bei der Polizei oder Versicherung vor.
- Melden Sie den Schaden in Absprache mit dem Anwalt schnellstmöglich Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung.
- Holen Sie in Absprache mit dem Anwalt ggf. die erforderlichen Feststellungen nach.
- Widersprechen Sie – falls nötig – der Sicherstellung Ihres Führerscheins.
- Akzeptieren Sie keinen Strafbefehl ohne Rücksprache mit dem Anwalt.
- Lassen Sie mit Hilfe eines Anwalts prüfen, wie ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren zur Einstellung gebracht werden kann.
RA Yves Junker blickt als Anwalt auf eine 20-jährige Erfahrung in der Bearbeitung von Trunkenheitsfällen zurück. Er berät und vertritt Sie gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und vor Gericht.
Schildern Sie uns unverbindlich Ihren Fall. Benutzen Sie dazu das folgende Kontaktformular oder senden Sie uns eine E-Mail unter info@kanzlei-junker.de oder rufen Sie uns an 0221 / 272 349 38.