Am 28.04.2020 ist die StVO-Novelle in Kraft getreten. Hierüber hatten wir an dieser Stelle bereits berichtet. Mit der Neuregelung ist es u.a. zu neuen Fahrverboten gekommen. Autofahrer erhielten bis zum 27.04.2020 bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ab 31 km/h innerorts und 41 km/h außerorts ein Fahrverbot. Mit der Neuregelung ab dem 28.04.2020 wurden die Fahrverbotsgrenzen auf 21 km/h innerorts und 26 km/h außerorts herabgesenkt.
Und jetzt die
gute Nachricht:
Die im neuen
Bußgeldkatalog
eingeführten
Fahrverbote
sind nichtig!
Denn der Gesetzgeber hat in seiner Änderungsverordnung das sogenannte Zitiergebot aus Art 80 des Grundgesetzes nicht beachtet. In der Präambel der 54. Änderungsverordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften müssen alle dem Erlass der Verordnung zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlagen genannt werden.
Dort werden zwar § 26a Abs. 1 Nr. 1 StVG (neue Verwarnungen) und § 26a Abs. 1 Nr. 2 StVG (neue Bußgelder) zitiert. Der für die wirksame Erweiterung der Regelfahrverbote durch § 4 BKatV notwendige § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG wird aber nicht genannt. Damit sind die neuen Fahrverbote aus dem Bußgeldkatalog nichtig.

Betroffen sind folgende Fahrverbote:
- Geschwindigkeitsübertretungen von 21 – 30 km/h innerorts
- Geschwindigkeitsübertretungen von 26 – 40 km/h außerorts
- Nichtbilden der Rettungsgasse als Grundtatbestand (also ohne Behinderung/Gefährdung)
- Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte (alle Tatbestände)
- Gefährliches Abbiegen
Was heißt das
für den
Bußgeldkatalog
2021?
Die Beachtung des Zitiergebots ist nicht nur eine reine Ordnungsvorschrift. Das Zitiergebot ist formelle Wirksamkeitsvoraussetzung. Ein Verstoß gegen das Zitiergebot führt deshalb ohne weiteres zur Unwirksamkeit von Anfang an (ex tunc).
Die Nichtigkeit der Neuregelung bedeutet für die Bußgeldstellen, dass die oben genannten Ordnungswidrigkeiten mit den aktuellen Bußgeldsätzen geahndet werden können. Die zugehörigen Fahrverbote dürfen nicht ausgesprochen werden.
Für die Praxis ist aktuell zu unterscheiden:
Aktuelle Verfahren vor Erlass des Bußgeldbescheids | siehe oben |
Aktuelle Verfahren mit Bußgeldbescheid | Dringend Einspruch einlegen und Wegfall des Fahrverbots verlangen |
Abgeschlossene Verfahren in denen das Fahrverbot noch nicht angetreten wurde | Antrag auf Vollstreckungsaufschub |
Abgeschlossene Verfahren in denen das Fahrverbot noch andauert | Gnadengesuch mit Antrag auf Herausgabe des Führerscheins |
Bis auf weiteres gilt der Bußgeldkatalog in seiner bis zum 27.04.2020 gültigen Fassung. Lassen Sie sich im Zweifel beraten und lassen Sie Ihren Bußgeldbescheid überprüfen.